Für eine optimale Prozesskontrolle und um die möglichen Vorteile des eingesetzten Reaktorkonzepts zu nutzen, ist es wichtig, Informationen über die lokalen Reaktandenkonzentrationen (H2, O2 und H2O2) zu erhalten. Bisher sind kommerziell verfügbare Analysesysteme nur in der Lage, Informationen über die Reaktandenkonzentrationen am Ausgang der Synthesereaktoren zu sammeln, was es schwierig macht, Prozessparameter eines solchen Mikroreaktorsystems zu definieren und zu optimieren.
Im Labor für Sensoren am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) wird im Rahmen dieses Teilprojektes ein elektrochemisches Mikrosensorsystem zur kontinuierlichen Messung von H2O2, H2 und O2 in Mikroreaktoren entwickelt. Elektrochemische Sensoren bergen ein hohes Potenzial für den Einsatz in Mikroreaktoranwendungen, da sie aufgrund ihrer hohen Empfindlichkeit, Selektivität und definierten Nullpunkte selbst kleine Konzentrationsänderungen exakt messen können. Mikroelektroden-Arrays als amperometrische Sensoren eignen sich aufgrund sehr kleiner Elektrodengrößen für In-situ-Messungen mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung und ermöglichen so die parallele Überwachung der Substanzkonzentrationen an verschiedenen Stellen im Reaktionskanal in Echtzeit. Derzeit werden 300-µm-Platinelektroden verwendet, um an vier Punkten über eine Kanalbreite von 4 mm zu messen. Arrays von Platin-Mikroelektroden wurden in einen robusten Epoxy-Sensorkörper (Stecker) integriert, der im Mikroreaktor montiert werden kann. Dies ermöglicht gleichzeitige Messungen an bis zu acht verschiedenen Positionen im Mikroreaktor für ein Online-Feedback der Reaktion und Prozesskontrolle.
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Abb. 3: Mikrosensor-Design und Gehäuse (A). Schema des Membranreaktorprinzips und Sensorintegration im Mikroreaktor (B). |
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Die wichtigsten Herausforderungen und Kriterien für die Entwicklung des Sensorsystems sind Selektivität, Linearität bei hohen Konzentrationen und Messung in Gegenwart von Halogenidionen und Katalysatorpartikeln im Mikroreaktor. Dazu wurden neue amperometrische und chronoamperometrische Protokolle entwickelt und die verwendete Platinelektrochemie unter Reaktorbedingungen untersucht. Darüber hinaus wurde die konstante Anwesenheit und Konzentration des Halogenidionen (Bromid, Br-) genutzt, um eine Silber/Silberbromid-Referenzelektrode durch galvanische Modifikation zu entwickeln, um ein stabiles Messpotenzial zu gewährleisten. Die Modifikation der Platinelektroden mit einer diffusionslimitierenden Membran aus Poly(hydroxylethylmethacrylat)-(pHEMA)-Hydrogel ermöglichte die Erweiterung des linearen Detektionsbereichs durch Steuerung des Massentransports zur Elektrode. Eine solch modifizierte Elektrode ist in der Lage, H2O2-Konzentrationen im Reaktor bis zu 20 mM linear zu messen und gleichzeitig eine Nachweisgrenze im niedrigen mikrocomolaren Bereich zu erreichen. Es zeigte sich, dass unsere Mikrosensoren in der Lage waren, erhöhte Konzentrationen der gelösten Reaktionsgase O2 und H2 und Prozessbedingungen und Drücke von 70 bar linear bis 52 mM bzw. 40 mM ohne Empfindlichkeitsverlust im Vergleich zu Messungen bei Atmosphärendruck zu messen. Die elektrochemische Messung bei solchen hohen Drücken und den daraus resultierenden hohen Konzentrationen bis zu 50 mM ist in der Literatur bisher nicht nachgewiesen. Durch die Montage von vier unserer Mikrosensor-Stecker in den Membranreaktor wurde der Gaseintrag in die Flüssigkeit erstmals in situ und in Echtzeit beobachtet. Das System war in der Lage, die Änderung der gelösten Gaskonzentration, abhängig von der relativen Positionierung im Reaktor, räumlich aufzulösen, indem Gasgemische mit unterschiedlichem O2-Gehalt eingesetzt wurden. Die technisch anspruchsvolle Sensorselektivität für die gleichzeitige Detektion von H2O2 und O2, die beide bei gleichem Potential reduziert werden, konnte durch die Verwendung komplexer chronoamperometrischer Protokolle gelöst werden, die es ermöglichen, den zuerst gemessenen H2O2-Oxidationsstrom vom überlagerten O2/H2O2-Reduktionsstrom abzuziehen, um einen selektiven Messstrom für die Bestimmung von O2 zu erhalten.
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Abb. 4: Wasserstoffperoxid-Kalibrierkurve mit einer mit pHEMA-Membran modifizierten Mikroelektrode auf Platinbasis, die eine hohe Präzision und ein lineares Verhalten von bis zu 20 mM aufweist. |
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Abb. 5: Kalibrationskurve für gelösten Wasserstoff bei Normaldruck (A) und bei 70 bar (B), die keinen Verlust der Empfindlichkeit zeigt. |
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Abb. 6: Kalibrationskurve für gelösten Sauerstoff bei Normaldruck (A) und bei 70 bar (B), die keinen Verlust der Empfindlichkeit zeigt. |
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Konzentrationsprofile im Mäanderkanal
Um das Konzentrationsprofil der Reaktanden H2, O2, H2O2 im fließenden Elektrolyten innerhalb des mäanderförmigen Kanals räumlich und zeitlich aufzulösen, wurden 13 Bohrungen zur Sensorintegration in den Kanal gebohrt, um so einen möglichst großen Bereich des Reaktors abzudecken. In den ersten Tests wurden vier Sensoren in die Mittellinie des Reaktors integriert und die anderen neun Bohrungen mit Sensor-Blindelementen (Dummies) verschlossen.
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Abb. 7: Die Integration mehrerer Sensorstecker ermöglicht die in situ Messung der lokalen Reaktandenkonzentrationen H2, O2 und H2O2 über den gesamten Reaktorkanal. |
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Bei einem Betriebsdruck von 10 bar wurde die Sättigung von Sauerstoff/Stickstoff im Mäanderkanal im wässrigen Elektrolyten, der Natriumbromid und Schwefelsäure enthält, bei einer Durchflussrate von 1 mL/min analysiert. Zuerst wurden beide Gasdosierzonen mit Stickstoff gespült. Nach 100 Sekunden wurde ein Gas auf die Dosierung von reinem Sauerstoff umgestellt. Durch die Ansteuerung der Sensoren mit chronoamperometrischen Messprotokollen konnte gezeigt werden, dass im Mäanderkanal an der ersten Position kein Sauerstoff den Kanalboden erreicht, da der diffuse Stofftransport der gelösten Gase vom konvektiven Transport überlagert wird. Darüber hinaus bestätigte die Messung die Erwartung, dass von Position 2 bis Position 4 die Intensität des aktuellen Signalabfalls proportional zur Sauerstoffkonzentration abnimmt, was die Dynamik der Auflösung innerhalb des Mikrokanalreaktors aufzeigt.
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Abb. 8: Beispielhafte Messung des Verlaufs von gelöstem Sauerstoff im Mäanderkanal an vier Punkten. Die normierten Daten zeigen die zeitliche Entwicklung der Sättigung vom Anfang bis zum Ende des Reaktors sowie eine steigende Sauerstoffkonzentration bei zeitlich stabilem Signalverhalten. |
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